Dialekt am Telefon – „irgendwie charmant“ oder „geht gar nicht“

Dialekt am Telefon im Geschäftsleben – das wird in meinen Seminaren regelmäßig heftig und sehr kontrovers diskutiert.

Dialekt sprechen oder eben nicht, ist anscheinend ein sehr emotionales Thema.

Verständlich, Dialekt ist die Sprache des Herzens. Dem anderen zeigen, wo die eigenen Wurzeln liegen.

Dialektgegner kritisieren mangelnde Anpassungsfähigkeit. Sie sprechen von Ausgrenzung. Ihrer Ansicht nach wirkt eine Person, die Dialekt spricht, sogar weniger kompetent.

Wer hat denn nun recht?

Wie so oft lautet die Antwort „Es kommt darauf an!“

Im direkten Gegenüber erzielen wir unsere stärkste Wirkung durch unsere äußere Erscheinung und unsere Körpersprache. Am Telefon punkten wir besonders durch unsere Stimme.

Und da gilt natürlich die Grundregel Nummer 1:

Um Missverständnisse zu vermeiden, soll Sprache klar und deutlich, also verständlich, sein.

Stichwort Verständlichkeit:
Während die Hannoveraner stolz auf ihr gutes Hochdeutsch sind, werden in anderen Regionen Deutschlands Endungen verschluckt oder auch ergänzt (im Ländle) und es wird genuschelt (wie in meiner Wahlheimat Hessen).

Diese regionalen Eigenarten sind für den Gesprächspartner manchmal anstrengend, er muss genauer hinhören, das Gespräch wird als weniger leicht und angenehm empfunden.

Wirklich problematisch dagegen sind starke Dialekte, die den Gesprächspartner zur Verzweiflung bringen können.

Ich spreche hier aus meiner Erfahrung in einem zentralen Kundenservicecenter. Hier kamen Kundenanrufe aus allen Ecken Deutschlands an. Einige Beispiele:

  • Das sächsische „nu“ (meist ausgesprochen als „nö oder nü“) – bedeutet ein klares „JA“.
  • Buchstabieren auf sächsisch: „mit B wie Baula“ (sollte wohl Paula heißen, also P).
  • Kundenanrufe aus dem bayrischen Wald oder der Oberpfalz erforderten in der Regel einen Übersetzer, da weder Kundenname, noch Kundennummer noch Anliegen zu verstehen war.

Sobald Aussprache oder Formulierungen beim Gesprächspartner zu Missverständnissen oder Nachfragen führen, ist das Urteil eindeutig:

  • starker Dialekt am Telefon geht gar nicht!

Grundregel Nummer 2: Die Stimme sollte sympathisch klingen.

Ein sehr spannendes Thema, denn der Klang einer Stimme erzeugt in unserem Kopf sofort ein Bild.

Wie ist das nun mit dem Klang von Dialekten?

Die Meinungen, welcher Dialekt beliebt und welcher unbeliebt ist, gehen in diversen Untersuchungen interessanterweise weit auseinander.
Vermutlich kommt es hier stark auf den STANDORT des Untersuchenden an.

  • In einer Aussage sind sich alle jedoch einig: sächsisch ist der unattraktivste Dialekt.

Viele große Firmen haben ihre Call Center nach Sachsen verlegt, leider ohne die Mitarbeiter dort im Hochdeutschen zu schulen.
Wenn mich – wie kürzlich passiert – eine stark sächselnde Stimme eines großen Telefonanbieters anruft und erkundigt sich nach meiner Zufriedenheit:

  • Dialekt am Telefon – hier eindeutig: geht gar nicht!

Bei Bayerisch, schwäbisch oder berlinerisch scheiden sich die Geister. Vermutlich je nach persönlichem Bezug zu der jeweiligen Region.

Heißt dies nun, am Telefon nur Hochdeutsch, auch wenn es uns schwerfällt?

Mal wieder: Kommt drauf an!

Tipp: Personen, die in großen, internationalen Konzernen unterwegs sind und alle, die generell ihre Wirkung am Telefon optimieren wollen, sollten unbedingt stärkere Dialekte abtrainieren.
Das bedeutet ja nicht, seine Identität aufzugeben, sondern erhöht die eigene Flexibilität.
Ziel sollte sein, auf Hochdeutsch umschalten zu können, wenn es erforderlich ist.

Hat Dialekt denn gar keine Vorteile?

Doch viele –  solange er sich im Rahmen von regionaler Färbung bewegt.
D.h. der andere hört, wo Sie herkommen.
Dann wirken Sie erfrischend, authentisch, interessant und sympathisch.

  • Gerade in emotionalen Gesprächen wie Beschwerden verstärken Sie damit Ihre menschliche Seite
  • Sie zeigen regionale Verbundenheit, wenn Sie mit Kunden oder Verhandlungspartner aus der Region sprechen. Aus dieser Gemeinsamkeit können sich weitere Gesprächsthemen ergeben.

 

Also dann tschüss, adele, tschö oder pfiat di